Das Schweizerische Bildungssystem ist Weltklasse. Es ist auf junge Menschen ausgerichtet. Die Digitale Revolution wird zu massiven Veränderungen in unserer Gesellschaft und Arbeitswelt führen. Kaum einer wird am Ende seines Arbeitslebens noch annähernd dasselbe tun wie nach seiner Ausbildung. Daher muss sich unser Ausbildungs-Fokus mehr zu lebenslangem Lernen hin verschieben. Der Stolperstein wird die Finanzierung sein. Doch daran soll es nicht scheitern.
Unser Bildungssystem geniesst den Ruf, das weltweit Beste zu sein. Die Berufslehre, mit der Möglichkeit sich anschliessend an einer Fachhochschule zum Bachelor weiterzubilden, ist einzigartig. Den etwas 20 Prozent Jugendlichen, die einen Mittelschulabschluss ablegen, stehen ausgezeichnete Universitäten zur Verfügung.
Wir bilden unsere jungen Bürger sehr gut aus. Die Mechanismen sind eingespielt. Die Finanzierung ist – dank Stipendien – meist kein unüberwindbares Problem. Ein junger Einwohner in diesem Land hat ausgezeichnete Startmöglichkeiten ins Berufsleben.
In der Vergangenheit war dieser Ansatz genügend. Lehrabsolventen, aber auch Absolventen einer höheren Bildung, hatten eine gute Basis und konnten oft ein Leben lang im gleichen Beruf arbeiten. Den langsamen Veränderungen in einer Berufsgattung konnte man sich kontinuierlich anpassen. Ab und zu besuchte man eine firmeninterne Weiterbildung und wenige investierten in ein MBA oder einen eidgenössischen Fachausweis.
Das reicht aber in Zukunft nicht mehr!
Es läuft die dritte industrielle Revolution. Die Digitale Revolution nämlich. Die Technik wird ganze Branchen auf den Kopf stellen. Gewisse Berufszweige werden verschwinden oder sich drastisch verändern. Verkäuferinnen, aber auch Ingenieure, Bauarbeiter, Chirurgen, Postboten und Büroangestellte werden durch Roboter oder neuartige Prozesse ersetzt.
Die Konsequenz daraus ist, dass viele Berufs – und Studienabgänger im Laufe ihrer beruflichen Karriere drastischen Veränderungen ausgesetzt sein werden oder gar eine komplette Neuorientierung vollziehen müssen. Es ist wichtig, dass die Arbeitnehmer für diese Tatsache sensibilisiert sind. Entsprechende Weiterbildungen müssen frühzeitig angegangen werden, in guter Qualität vorhanden sein und die Finanzierbarkeit muss gewährleistet sein.
Darauf ist unser Bildungssystem nicht optimal vorbereitet. Der Fokus ist zu sehr auf die initiale Ausbildung fokussiert. Die zu erwartenden Veränderungen rufen geradezu nach einem Konzept, welches das lebenslange Lernen fördert.
Dieses Konzept muss in die Köpfe der Bürger. Arbeitgeber, Medien und Mitmenschen müssen hier aufklärend wirken. Es ist im Interesse des Staates und der Allgemeinheit, dass Bürger vermittelbar und arbeitsfähig bleiben und für sich selbst sorgen können. Sie sollen nicht staatliche Unterstützungssysteme in Anspruch nehmen müssen.
Weiter braucht es ein entsprechendes Ausbildungsangebot. Dafür sind einerseits die Arbeitgeber oder ganze Branchen verantwortlich. Private Anbieter sind willkommen, aber auch die Fachhochschulen und Universitäten müssen darauf sensibilisiert werden, dass zukünftig Angebote für Arbeitnehmer mit zehn oder zwanzig Jahren Berufserfahrung bereit gehalten werden.
Ein Stolperstein wird die Finanzierung darstellen. Die primäre Verantwortung liegt beim Individuum. Arbeitgeber werden ihren Anteil aus Eigeninteresse dazu beitragen. Aber wir müssen uns daran gewöhnen, dass wir uns während unseres 40 bis 50 Jahre dauernden Berufslebens einige Male neu orientieren und dafür Geld und Zeit aufwenden müssen. Die Finanzen werden aber für viele eine Herausforderung darstellen.
Ich schlage daher folgende Massnahmen vor:
Im Rahmen der zweiten Säule wird eine Unterkonto “Ausbildung” eröffnet. Dieses kann vom Arbeitnehmer jährlich bis zu einem Maximalbetrag steuerpriviligiert geäuffnet werden. Den Arbeitgebern ist es freigestellt, freiwillig, zum Beispiel um die Attraktivität als Arbeitgeber zu erhöhen, auf dieses Konto seiner Arbeitnehmer einzuzahlen. Dieses Geld kann dann steuerfrei für klar definierte Weiterbildungen oder Umschulungen verwendet werden. Wird es bis zur Pensionierung nicht aufgebraucht, fällt es dem normalen Pensionskassenguthaben zu.
Als Variante ist auch zu prüfen, ob allenfalls bis zu 10% des Sparkapitals für Weiterbildungen verwendet werden darf. Das ist nicht abwegig, sollte doch eine Weiterbildung oder Umschulung eine Weiterbeschäftigung oder gar bessere Position ermöglichen. Als Folge kann das bezogene Kapital wieder kompensiert werden.
Weiter sollte die öffentliche Hand Zugang zu Stipendien oder zinslosen Darlehen für Leute im Berufsleben ermöglichen. Wie bei der Erstausbildung, sollte auch eine Weiterbildung oder Umschulung nicht am Geld scheitern.
Als letzte Idee sei hier die Möglichkeit erwähnt, einen Teil des Ertrages eines im Moment diskutierten Staatsfonds zweckgebunden in einen nationalen Weiterbildungsfonds einfliessen zu lassen. Das wäre sehr gut investiertes Geld.
Was auch immer das gewählte Finanzierungsmodell ist, die Schweiz tut gut daran, sich auf die anstehende dritte industrielle Revolution vorzubereiten. Es wird entscheidend für unseren Wohlstand sein, dass wir auch dann, wenn es um lebenslanges Lernen geht, zu den Bildungsweltmeistern gehören.
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