Staatschefs aus aller Welt werfen sich China um den Hals. Sie schliessen lukrative Geschäfte ab und glauben den grossen Coup gelandet zu haben. Sie merken nicht, dass das Ganze ein Taschenspielertrick ist. China erzeugt dadurch riesige Abhängigkeiten, um sich potentielle Kritiker vom Leibe zu halten. China zimmert an einem globalen Machtanspruch.
Mit fast beängstigender Kadenz geben sich in den letzten Tagen Besucher in Peking die Klinke in die Hand oder Länder bereiten dem Präsidenten Xi Jinping oder Premier Li Keijang pompöse Empfänge.
Nicht nur wird der Herr Staatspräsident in der Kutsche der Queen durch London chauffiert oder Monsieur Hollande wie ein Tourist durch den Sommerpalast geschleust, meist geht es vor allem um milliardenschwere Wirtschaftsverträge. Das zumindest glauben die Staatspräsidenten aus der ganzen Welt.
Natürlich ist China in der Zwischenzeit die Nummer zwei betreffend Wirtschaftsleistung und wird Amerika in absehbarer Zeit als Nummer eins ablösen. Da besteht zweifelsohne bereits ein grosser Markt und das Potential war und ist riesig. Und da China im Moment gerade ein bisschen schwächelt, ist auch China daran interessiert, seine Produkte in immer fernere Länder zu exportieren und die heimische Industrie global aufzustellen.
Wenn man dem emsigen Treiben vor allem der europäischen Staatschefs zuschaut, hat man den Eindruck es herrsche Torschlusspanik. Das kurzfristige Denken bis zu den nächsten Wahlen dominiert die Agenda. Es braucht grosse und schlagzeilenträchtige Deals. Schlagzeilen sind wichtiger als Substanz.
In ihrem hastigen Treiben übersehen die Unerprobten die wahren Absichten Chinas. China macht nie etwas, ohne dieses in einem strategischen Ganzen einzuordnen. China hat als einzige Zivilisation eine fünftausendjährige Geschichte hinter sich. Die Chinesen haben offensichtlich strategische Weitsicht und – im Gegensatz zu den westlichen Staaten – viel mehr Zeit.
China betreibt hier das klassische “divide et impera” (teile und herrsche). Es werden mit vielen Staaten unabhängig Vereinbarungen getroffen. Ja, die Staaten werden geradezu in Konkurrenz miteinander versetzt. Das erklärt die frenetische Reisediplomatie der Staatsoberhäupter. Alle haben Angst etwas zu verpassen. Sie fürchten der andere könnte sich ein grösseres Stück vom Kuchen sichern.
Diese Vereinbarungen schaffen Abhängigkeiten. Und da eben China eine riesige Wirtschaftsmacht ist und mit riesigen Aufträgen oder Krediten auftrumpfen kann, handelt es sich um grosse und matchentscheidende Abhängigkeiten. Diese will man nicht so rasch wieder preisgeben.
China hat diese Übungsanlage ganz bewusst und mit klaren Ziel gewählt: China will damit das Schweigen der anderen Länder erkaufen. Der Preis (der Verlust der Aufträge) soll für die Länder zu gross werden, sich gegen die Entwicklung der Chinesen zur Weltmacht zu stellen oder diese zu kritisieren.
Als jüngstes Beispiel kann die ASEAN Konferenz in Kuala Lumpur, die dieser Tage abgehalten wurde, herangezogen werden, Auf Druck von China wurde auf eine Schlusserklärung verzichtet, da diese eine Referenz zu den umstrittenen, mehrheitlich von China besetzten, Inseln im südchinesischen Meer enthalten sollte. Die Angst der Minister in einem sich abkühlenden wirtschaftlichen Umfeld bei China plötzlich in Ungnade zu fallen, war zu gross.
China versucht gegen aussen den Eindruck zu erwecken, ein zwar grosses aber immer noch unterentwickeltes und hilfsbedürftige Land zu sein. Aber das ist ein Versteckspiel. China hat ganz klar einen Führungsanspruch in dieser Welt. China will nicht nur, wie es immer wieder beteuert, wirtschaftlichen Fortschritt, sondern hat klar territoriale Ambitionen. Wer die Augen öffnet, sieht das sofort.
Dass man Hong Kong und Macao wieder zurück wollte, Tibet quasi annektiert hat und Taiwan lieber gestern als morgen wieder einverleiben möchte, lässt sich aus geschichtlicher Sicht noch nachvollziehen. Dass man sich aber indirekt Kontrolle über weite Teile Afrikas und dessen Bodenschätze verschafft hat und in völliger Missachtung historischer Gegebenheiten mehr als neunzig Prozent des Südchinesischen Meers in Anspruch nehmen will, sollte auch dem letzten Zweifler die Augen geöffnet haben.
Auch ohne die obige Naivität der Regierungschefs rund um den Erdball ist diese Entwicklung wohl kaum aufzuhalten. Der fehlende Widerstand macht es China sehr einfach und beschleunigt den Prozess ungemein.
Als Gegenpol zum arrogant auftretenden, aber klar angeschlagenen Amerika, ist China sicher willkommen. Ob das für das längerfristige Wohl der Weltgemeinschaft ein Vor- oder Nachteil ist, wird sich zeigen.
Wir müssen uns auf eine veränderte Welt gefasst machen. Das Wertesystem der Chinesen und die gewählten Mittel sind fundamental anders, als die für uns bis jetzt dominanten, von abendländischer Kultur und christlichen Werten geprägten Prinzipien. Und vergessen wir nicht: China ist ein autokratischer, undemokratischer Einparteienstaat.
Die oben beschriebene Taktik ist ein kleiner Vorgeschmack.
Wir werden uns anpassen und viel lernen müssen.
Aus aktuellem Anlass: Xi Jinping’s Besuch in Singapur am 7. November, 2015.
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