Die Annahme der Masseneinwanderungsinitiative am 9. Februar 2014 hat die Schweiz in einen chaotischen Schockzustand versetzt.
Mit grossem Staunen beobachtet man, wie die politische Eliten völlig hilflos nach Lösungen suchen. Die Problemstellung erweist sich als zu komplex und mit zu vielen Parametern und Unbekannten, als dass eine einfache Lösung möglich wäre.
Ich versuche mich hier in einer Analyse und Entscheidungsfindung, mit dem Risiko, dass auch ich Ideen und Lösungen wieder verwerfen muss, nur um neue Ideen zu entwickeln.
Ich denke, wir stehen kollektiv als Schweizer vor einer der schwierigsten Phasen der letzten Jahrzehnte. Das Problem ist komplex und jede sich im Moment abzeichnende Lösung birgt enorme Unsicherheiten und Risiken.
27.Juli, 2014 – Worum gings?
Vereinfacht gesagt, gehts um die Neuverhandlung des Abkommens zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit – Abgeschlossen am 21. Juni 1999
27. Juli, 2014 – Ein Rückblick
Als am 9. Februar die Resultate bekannt wurden (50.3% JA Stimmen), war die Konsternation der politischen Eliten perfekt. Die Verlierer, im Prinzip das ganze Bundes-Bern ausser der SVP, macht gute Mine zum bösen Spiel und gebietet, den Volkswillen zu respektieren.
Bundespräsident Burkhalter ahnt bereits, dass es nicht leicht wird, aber bleibt optimistisch.
Die EU lässt nicht lange auf sich warten. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso äussert sich:
BZ, 12.2.2014
Zahlreiche Ideen und Ansätze
Experten links wie rechts üben sich in Analysen und Vorhersagen.
Tagi, 10.3.2014
Schweiz am Sonntag, 15.3.2014
Besonders hervor tut sich die Weltwoche mit beschwichtigender Rethorik:
Weltwoche, 9.3.2014
Auch die SVP ist mit einem Konzept der Umsetzung zur Stelle. Ist im Prinzip eine getreue Uebernahme des Initiativtexts. Haupstosspunkte: Kontingente und wenig Sozialleistungen
27. Juli, 2014 – SVP ausser Kontrolle
Nachdem die SVP während des Wahlkampfes immer betont hatte, dass man die Bilateralen I behalten will und “nur” ueber die Personenfreizuegigkeit verhandeln wolle, kommt Anfang Juni ploetzlich die Kehrtwende.
Zuerst die Verschwörungstheorie:
Toni Brunner glaubt eine «Handlungsanweisungen» bei den anderen Parteien gesehen zu haben. Gemäss seiner Interpretation wollen jetzt alle anderen Parteien eine «konsequenten Umsetzung» mit einer verdeckten Absicht.
Tagi, 4.6.2014
Brunner: «Das stand so wörtlich auf der Handlungsanweisung: ‹Der Bundesrat muss mit einem Nein aus Brüssel zurückkommen.›» Die Leitung der SVP hat den Auftrag erteilt, eine Initiative auszuarbeiten, wonach der Bundesrat das Abkommen über die Personenfreizügigkeit kündigen muss. Das Volksbegehren soll der Durchsetzung der Masseneinwanderungsinitiative dienen.
Dann geht’s gleich weiter mit einer angedrohten Umsetzungsinitiative:
Inhaltlich ist bemerkenswert, dass die Partei nicht mehr fordert, das Abkommen mit der EU sei «neu zu verhandeln und anzupassen», wie es aufgrund der Initiative in der Verfassung steht, sondern dass sie – entgegen früheren Beteuerungen – explizit die Kündigung verlangt. Damit wird das Paket der sieben Bilateralen I preisgegeben und die Rückkehr zum blossen Freihandelsabkommen von 1972 eingeleitet.
27. Juli, 2014 – Der Bundesrat stellt seinen Ansatz vor
Am 19. Juni informiert der Bundesrat ueber das Umsetzungskonzept
27. Juli 2014 – Die Absage der EU
31.7.2014 – Bundesrat zurück aus dem Urlaub
SRF, 31.7.2014
9.8.2014 – Sommarga will alle Optionen offen halten
Der Bundesrat wolle die Initiative umsetzen, betont Sommaruga. Für das weitere Vorgehen nach dem Nein aus Brüssel gebe es nun sehr viele mögliche Szenarien. Sie ist überzeugt, dass ein breiter Fächer an möglichen Varianten diskutiert werden muss.
SRF, 9.8.2014
11.8.2014 – Köppel macht auf Positiv
Weltwoche, 11.8.2014
Roger Koeppel macht gute Stimmung, indem er wiederholt, dass die EU verhandeln muss und es schliesslich auch machen wird. Nun, wir werden sehen. Sicher nicht auf der Basis des Verhandlungsgesuches!
19.8.2014 – Politgeograph M. Hermann verweist auf die Unsicherheit
Tagi, 17.8.2014
19.8.2014 – BDP, CVP und SP wollen angeblich Parlamentarische Initiative
Die Drohung der SVP, die Bilateralen I nötigenfalls zu künden, zeigt Wirkung. Ideen zur Sicherung der Bilateralen I werden entworfen. Klar scheint zum jeztigen Zeitpunkt, dass das Stimmvolk früher oder später über die Bilateralen befinden muss.
AZ – 26.8.2014
30.8.2014 – Karrer lanciert Fünf-Punkte-Strategie
Stattdessen warb Karrer für eine Fünf-Punkte-Strategie im Umgang mit der Europafrage der Schweiz:
Erstens müsse unbedingt die Eco-pop-Initiative abgelehnt werden, weil diese in vielem absurd sei und mit ihren extremen Forderungen eine Lösungs- findung komplett verbauen würde.
Zweitens gelte es, nach einer Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative zu suchen, die den Volkswillen nach einer Begrenzung der Zuwanderung respektiere, dabei aber den vorhande- nen Spielraum maximal nutze.
Drittens gelte es, eine Lösungsfindung nicht mit zu frühzeitigen Festlegungen zu verbauen.
Viertens müsse man sich auf schwierige und lange Verhandlungen mit der EU einlassen. Für die Schweizer Wirtschaft sei zentral, dass nach innovativen Lösungen gesucht werde, welche die bilateralen Verträge und auch möglichst viel von der Personenfreizügigkeit mit der EU erhielten. Denkbar wären eventuell bestimmte Formen von Ventil-klauseln. Klar sei auch, dass darüber hinaus über mehr Themen verhandelt werden müsse und die Schweiz auch werde Zugeständnisse machen müssen. Karrer geht davon aus, dass das Finden von für beide Seiten akzeptablen all- gemeinen Vorschlägen schnell einmal drei Jahre oder sogar noch mehr Zeit beanspruchen wird.
Fünftens will Economiesuisse die Sorgen und Nöte ernst nehmen, welche in der Annahme der Masseneinwanderungsinitiative zum Ausdruck gekommen sind. Einerseits gelte es, bei den Themen Verkehr und Zersiedlung konkrete Vorschläge zu präsentieren, andererseits müsse auch die Wirtschaft ihre Hausaufgaben machen und das in der Schweiz vorhandene Arbeitskräftepo- tenzial besser nutzen. Das brauche aber Zeit und ohne ausländische Fachkräfte werde es nicht gehen.
9.9.2014 – BDP-Plan für eine Korrektur-Abstimmung
Es zeigt sich immer mehr, dass die BDP auf Konfrontationskurs mit der SVP geht.
NZZ – 9.9.2014
9.9.2014 – Die EU muss nicht verhandeln
NZZ – 9.9.2014
Bundesrat Burkhalter: Es sei zwar tatsächlich so, dass der Vertrag über die Personenfreizügigkeit vorsehe, dass einer der Vertragspartner ein Revisionsbegehren stellen könne. Es sei aber keine Seite dazu verpflichtet, auf dieses Begehren einzutreten. «Die EU muss nicht mit uns verhandeln», sagte Burkhalter. Es liege an der EU–Kommission und an den 28 Mitgliedsstaaten, über ein solches Verhandlungsmandat zu entscheiden.
14.9.2014 – Levrat mit neuer Idee
Tagi – 14.9.2014
2.10.2014 – Peter Spuhler spricht klare Worte
Tagi – 2.10.2014
3.10.2014 – Medizinaltechnik-Pionier Hansjörg Wyss meldet sich zu Wort
Der Unternehmer Hansjörg Wyss ist bereit, eine Initiative zur Rettung der Verträge mit der EU zu finanzieren. Eher unerwartet hat sich ein bis anhin zurückhaltender, schwerreicher Unternehmer zu Wort gemeldet und den Abschottungstendenzen der SVP ein Absage erteilt. Das interessante ist, dass er bereit ist für den Kampf zu Gunsten der Bilateralen Geld aufzuwerfen.
Blick – 2.10.2014
4.10.2014 – Keine Lösungsansätze 8 Monate nach der Abstimmung
In der Zwischenzeit scheint man begriffen zu haben, dass eine ¨rigide¨ Umsetzung der MEI nicht mit den bilateralen Verträge kompatibel ist. Es scheint sich die Meinung durchzusetzen, dass es schliesslich auf eine Entscheidung für oder gegen die bilateralen Verträge hinausläuft. Darum fragte die Arena:
Was ist dem Stimmvolk wichtiger: die bilateralen Verträge mit der EU oder die wortgetreue Umsetzung der Masseneinwanderungs-Initiative?
Einen guten Lösungsansatz konnte nicht gefunden werden.
Die SVP will eine strikte Umsetzung und zählt darauf, dass die EU schliesslich doch verhandeln wird. Im schlimmsten Fall ist sie offensichtlich bereit, vertragsbrüchig zu werden und die Bilateralen zu verletzen. Während der erste Teil noch als Verhandlungstaktik durchgeht, ist ein bewusster Vetragsbruch rechtsstaatlich sehr zweifelhaft.
Die BDP/CVP will eine Initiative lancieren, die die bilateralen Verträge in die Verfassung schreibt. Die Idee ist wohl, dass es einfacher wird, Kompromisse zu finden, wenn man zwei sich gegenseitig widersprechende Verfassungsartikel hat. Dieser Ansatz hat jedoch einen Haken: einen Verfassungsartikel, der etwas festschreibt, das nur mit Zustimmung einer Gegenpartei möglich ist, riskiert ein Rohrkrepierer zu werden, sollte eben diese Gegenpartei nicht verhandeln wollen!
Am bedachtesten scheint mir der Ansatz der FDP zu sein, zuerst einmal den Gesetzesentwurf des Bundesrates abzuwarten. Das macht Sinn, ist aber natürlich auch kein endgültiger Lösungsansatz, sondern ein logisches, schrittweises Vorgehen. Dies zumal der Bundesrat ja angekündigt hat, die Umsetzung nahe am Initiativtext zu fahren.
Schlussfolgerung: Die Quadtratur des Kreises ist noch weit weg und am Ende wird wohl nichts an einer weiteren Volksbefragung vorbei führen. Diese müsste darauf abzielen, eine EU kompatible Umsetzung zu ermöglichen, aber gleichzeitig den berechtigten Sorge betreffend zu grosser Einwanderung Rechnung zu tragen.
8.10.2014 – Bundesrat will mit der EU über Personenfreizügigkeit verhandeln
Nun ist es offiziell: Der Bundesrat möchte mit der EU über die Personenfreizügigkeit verhandeln. Er hat ein entsprechendes Mandat verabschiedet.
Bern, 08.10.2014 – Mit der Annahme von Art. 121a BV hat sich die Schweizer Stimmbevölkerung für eine eigenständige Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung ausgesprochen. Der Bundesrat will deshalb mit der Europäischen Union (EU) eine Anpassung des Freizügigkeitsabkommens aushandeln. Wie bereits im Juni angekündigt, hat der Bundesrat am Mittwoch entschieden, unter dem Vorbehalt der notwendigen Konsultationen Verhandlungen mit der Europäischen Union aufzunehmen. Er hat hierzu am Mittwoch den Entwurf für ein entsprechendes Verhandlungsmandat verabschiedet.
12.10.2014 – Verschiedene Gruppen wollen Isolationismus abwehren
Die Politik ringt um Ideen, wie die Masseneinwanderungsinitiative umgesetzt werden kann, ohne die Bilateralen zu gefährden. Nun schalten sich neue Akteure in die Debatte ein.
Die Operation Libero versteht sich als Bewegung für einen neuen Liberalismus in der Schweiz und steht Foraus, der Denkfabrik zur Schweizer Aussenpolitik, nahe. Man sei «eine politische, überparteiliche Bewegung für all jene, die wie wir davon überzeugt sind, dass die vergangenheitsversessene Schweiz passé ist», heisst es im Manifest.
Mehr als 100 Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur und Politik lancieren Appell zur Rettung der Bilateralen.
Zu den Erstunterzeichnern des Aufrufs, der vor einer «Selbstisolierung» der Schweiz warnt und zur Rettung der bilateralen Verträge mit der EU eine «offene und verantwortungsvolle Europa-Debatte» fordert, gehören Patrick Odier, Präsident der Bankiervereinigung, Lonza-Präsident Rolf Soiron, SBB-Präsident Ulrich Gygi, Ex-Astronaut Claude Nicollier, die Alt-Bundesräte Ruth Dreifuss, Micheline Calmy-Rey und Pascal Couchepin, ETH-Lausanne-Präsident Patrick Aebischer, Alt-Bundesrichter Giusep Nay und SwissRe-Präsident Walter Kielholz. Insgesamt haben über 100 Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Kultur den Appell unterschrieben.
3.11.2014 – Sowohl links wie rechts wird wegen Ecopop nervös
Die Umfrageergebnisse, die darauf hindeuten, dass Ecopop durchaus eine Chance hat, eine weitere Ueberraschung zu generieren, macht das ganze Schweizer Polit-Establishment nervös.
An der Basis herrscht immer noch eine grosse Unsicherheit und Unzufriedenheit betreffend der Zuwanderung vor und die Geister, die von der SVP heraufbeschworen wurden (alles Ausländsiche ist zuerst einmal schlecht und alle Ausländer sind gleich schlecht), wird man nicht mehr los.
Die Leaderfiguren bedienen sich aggressiver Sprache und malen schwarz:
Bundesrat Alain Berset. Tagi 26.10.2014
Der Tagi schreibt am 21.10.2014
Bundesrat Didier Burkhalter braucht deutliche Worte:
3.11.2014 – Bilaterale sind 5 bis 17 Milliarden Franken wert
Die Schweiz am Sonntag schreibt am 15.11.2014
Die Frage stellt sich tatsächlich: wie gross ist der Einfluss der Bilateralen I auf die Schweizerische Volkswirtschaft. Es ist immer sehr hilfreich, wenn die Fakten auf dem Tisch liegen.
su_quote]Der bilaterale Weg wäre sofort tot. Deshalb bezeichne ich das Volksbegehren als extrem.[/su_quote]
30.11.2014 – Ecopop wird massiv bachab geschickt – Grosse Erleichterung
74,1 Prozent der Stimmenden sagt Nein zur Volksinitiative «Stopp der Überbevölkerung – zur Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen». Am Schluss sagte kein einziger Kanton Ja.
Den meisten Beobachtern ist klar, dass bloss eine Schlacht gewonnnen wurde, aber die Umsetzung der MEI weiterhin mit vielen Fragezeichen versehen ist.
Die NZZ schaut voraus und beschreibt die möglichen nächsten Schritte und eine dazugehörende Zeitachse.
3.12.2014 – RASA – Raus aus der Sackgasse – eine neue Volksinitiative
Der Initiativtext ist denkbar einfach: Die Forderung der Initianten: Die Streichung des Artikels 121a “Steuerung der Zuwanderung”.
16.12.2014 – EU Staaten bekräftigen negative Antwort
Die Europaminister der 28 EU-Staaten haben die negative Antwort vom Juli 2014 auf das Schweizer Begehren nach Neuverhandlungen des Freizügigkeitsabkommens». Damals hatte die damalige EU-Aussenbeauftragte Catherine Ashton in einem Schreiben an Bundespräsident Didier Burkhalter Verhandlungen über die Freizügigkeit eine Absage erteilt.
17.12.2014 – Analyse MEI: Politische Grundhaltung war entscheidend
NZZ – 17.12.2014
Im Auftrag des Bundesrates hat die Forschungsstelle Sotomo einen Bericht erstellt.
Die Grundhaltung in ausländerpolitischen und aussenpolitischen Fragen ist der einzige Erklärungsansatz für die Unterschiede zwischen den Abstimmungsergebnissen auf Gemeindeebene. Andere Faktoren, wie Bevölkerungsdichte, Ausländeranteil oder Bedenken um die Landschaft hatten kaum einen Einfluss.
21.12.2014 – Nicht Personenfreizügigkeit, sondern Ventilklausel verhandeln
NZZ – 21.12.2014
Michael Ambühl glaubt, den Ausweg aus diesem Konflikt zu kennen. Im September brachte er die Idee einer Schutzklausel ins Spiel, die in Kraft treten würde, sobald die Migration aus den EU-Staaten einen bestimmten Wert überschreitet. Heute präsentiert Ambühl zusammen mit seiner Oberassistentin Sibylle Zürcher in der NZZ die Details seiner Idee, von der er glaubt, sie «sollte es erlauben, den bilateralen Weg zu erhalten».
Im Prinzip will Ambühl und sein Team eine Ventilklausel einführen und diese verhandeln und nicht die Personenfreizügigkeit als solche.
Ich finde das einen guten Vorschlag, der das Grundziel der MEI, nämlich die Einwanderung wieder selbst zu steuern, teilweise ermöglicht. Zudem gibt er der EU eine Möglichkeit, nicht die PFZ, sondern Ventilklauseln, die durchaus zu ihrem Repertoire gehören, zu verhandeln.
Zudem schlägt er vor, weitere, die Verträge nicht tangierende Massnahmen zu ergreifen:
Interne Begleitmassnahmen, wie Massnahmen, die die Nachfrage nach ausländischen Arbeitskräften dämpfen, wie etwa steuerliche Massnahmen, eine bessere Nutzung des inländischen Arbeitspotenzials (Frauen, Ältere, Flüchtlinge), eine Stärkung der Ausbildung in Berufen mit Fachkräftemangel oder standortpolitische Massnahmen, sowie andererseits Massnahmen, die allfällig negative Folgen der Einwanderung abfedern.
Das andere Massnahmenpaket umfasst Vorkehrungen im Verhältnis zu Nicht-EU/Efta-Staaten. In Bezug auf die rund 160 Länder ausserhalb des EU/Efta-Raumes könnte man Inländervorrang und Kontingente einführen bzw. die heutige Praxis weitgehend fortsetzen.
Ich denke, dass es der EU schwerfallen wird, nein zu sagen, wenn die Schweiz um Verhandlungen zu einer Ventilklausel bittet.
21.12.2014 – Nich allzu viel Optimismus Anfangs 2015
BaZ – 7.1.2015
Das meint Dieter Freiburghaus, emeritierter Professor für Europafragen. Zudem ist er negaitiv gegen die von Michael Ambühl ins Spiel gebrachte Ventilklausel eingestellt: «Ich halte es für ausgeschlossen, dass die EU der Schweiz eine Schutzklausel zugesteht.»
21.12.2014 – Wirtschaftsspitzenverbände mit einem (nicht neuen) Vorschlag
Tagi– 9.1.2015
Schliesslich präsentieren auch Economiesuisse, Swissmem, Schweizerischem Arbeitgeberverband und Scienceindustries Switzerland, die vier Wirtschaftspitzenverbände, ihren Lösungsvorschlag:
7.1.2015 – Dieter Freiburghaus: permanente Sonderwurst unmöglich
BAZ – 7.1.2015
Dieter Freiburghaus:
12.1.2015 – Wirtschaftsverbände mit eigenem Vorschlag
Mit Economiesuisse, Swissmem, Schweizerischem Arbeitgeberverband und Scienceindustries Switzerland haben vier Wirtschaftspitzenverbände ihren Lösungsvorschlag präsentiert: eine Schutzklausel und freiwillige Massnahmen der Wirtschaft. «Konkret bedeutet dies, dass bis zu einer festgelegten Obergrenze der Nettozuwanderung aus der EU die volle Personenfreizügigkeit gilt, das Freizügigkeitsabkommen mit der Schweiz somit nicht geritzt wird»
Hess sagt denn weiter: «Gleichzeitig muss es unser Ziel sein, durch freiwillige Massnahmen der Wirtschaft diese Obergrenze gar nicht zu erreichen.» Die Wirtschaft müsse aktiv zur besseren Nutzung des inländischen Arbeitskräftepotenzials beitragen.
19.1.2015 – Was wir brauchen, ist ein Binnenmarktvertrag
NZZ – 19.1.2015
Andreas Kellerhals ist Titularprofessor für Privat-, Wirtschafts- und Europarecht und Direktor des Europa-Instituts an der Universität Zürich bring eine meiner Ansicht nach prüfenswerten alternativen Lösungsansatz ins Spiel.
Wir sollten uns zuerst darüber Rechenschaft geben, welches unsere Interessen in Bezug auf die EU sind, und dann erst das Gefäss bestimmen, in welchem diese Interessen am besten wahrgenommen werden können. Heute macht es den Eindruck, dass wir umgekehrt vorgehen, zuerst das Gefäss bestimmen (bilateraler Weg) und dann versuchen, unsere Interessen da durchzudrücken. Folgende Interessenbereiche scheinen u. a. wichtig zu sein: Stabilisierung des Verhältnisses zur EU, Rechtssicherheit schaffen, freier Zugang zum Binnenmarkt (unserem Heimmarkt), Finden einer referendumsfähigen institutionellen Lösung, kein autonomer Nachvollzug mehr, kein EU-Beitritt, Beachten der Souveränität der Schweiz, Beibehalten der Neutralität. Können wir uns darauf einigen, stellt sich die Frage, welches Gefäss sich als «Zaubermittel» anbieten würde.
Mit dieser Interessenlage drängt sich für die Schweiz der Abschluss eines Binnenmarktvertrages auf, der uns vollen Zugang zum Binnenmarkt sichert, jedoch ohne EU-Mitgliedschaft.
12.1.2015 – SVP droht mit Initiative zur Kündigung der Personenfreizügigkeit
BAZ – 31.1.2015
Christoph Blocher:
3.2.2015 – BR Sommaruga kommt mit leeren Händen aus Brüssel zurück
Der Besuch von Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga bei Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker ernüchternd. Selten lassen Politiker so undiplomatisch erkennen, dass die Differenzen eigentlich unüberbrückbar sind.
Bundesrätin Sommaruga:
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker:
3.2.2015 – Chaotischer Ansatz der Schweizer Politik – JEKAMI
Der Bund – 4.2.2015
Eine Strategie zur Umsetzung der Zuwanderungsinitiative ist nicht zu erkennen. Der Bundesrat verzettelt sich in Einzelstatements. Jeder probiert sich mit Äusserungen in Szene zu setzen und spielt dabei nur der EU in die Hände, die genüsslich zuschaut und sich weiter freundlich aber stur gibt.
So sagt Bundesrätin Widmer-Schlumpf auf meine Frage in Singapur: zur Umsetzung der Zuwanderungsinitiative brauche es eine neue Abstimmung.
Didier Burkhalter sagte bereits letztes Jahr, er erwarte eine neue Abstimmung. Der Aussenminister favorisierte eine Gesamtabstimmung über die Bilateralen und die institutionellen Fragen.
7.2.2015 – Die Zeit wird knapp – was denn?
NZZ – 7.2.2015
Die Verfassung schreibt vor, dass die Umsetzung der Initiative binnen dreier Jahre erfolgen muss.
Wenn das vom Volk beschlossene Kontingent-System bis zum 9. Februar 2017 nicht auf Gesetzesebene in Kraft gesetzt wird, muss der Bundesrat die Initiative auf dem Verordnungsweg umsetzen. Weiter muss er völkerrechtliche Verträge, die Artikel 121a widersprechen, ebenfalls innerhalb von drei Jahren neu verhandeln und anpassen.
Was passiert nun, wenn am 9. Februar 2017 ein Kontingentssystem per Gesetz oder verordnung in Kraft ist, das aber dem Personenfreizügigkeitsabkommen widerspricht?
9.2.2015 – Einige Gedanken meinerseits
Die Zuwanderung selbst steuern und die Bilateralen erhalten. Das ist, was 50.3% des abstimmenden Volkes am 9. Februar 2014 wollten. Im Moment sind wir meilenweit davon entfernt, einen Lösungsansatz zu haben, der diese zwei Ziele gemeinsam erreichen könnte.
Die Forderung nach Kontingenten und der Inländervorrang ist nicht mit der Personenfreizügigkeit vereinbar. Aus diesem Grund stellt sich die EU auch stur und lässt immer wieder verlauten, dass es nichts zu vehandeln gäbe.
Ich sehe drei grundsätzliche Wege, wie es weitergehen könnten:
1. Zurück auf’s erste Feld
Es wird klar, dass die MEI – Initiative in ihrer Ausgestaltung sehr rigoros ist. Eine traffe und EU-kompatible Umsetzung ist nicht möglich. Eine Möglichkeit wäre, sich einzugestehen, dass der gewählte Ansatz nicht funktioniert. Dann müsste man die Uhr zurückdrehen und von vorne beginnen. Das will die RASA – Initiative. Was im Moment fehlt, ist ein Ansatz, wie man den Volkswunsch nach (weitgehender) eigenständiger Steuerung der Zuwanderung aus der EU trotzdem befriedigen kann.
2. Versuch einer “weichen” Umsetzung und Hoffnung, dass EU verhandeln wird
Ein Kontingentssystem und Inländervorrang wird die EU nicht akzeptieren. Bis jetzt hat sich die EU nie geäussert, welche Änderungen verhandelbar wären. Die Haltung ist verständlich, da ja die Schweiz in der Bringschuld steht.
Dieser Ansatz birgt viele Ungewissheiten. Einerseits ist (nach aussen) völlig unklar, ob die EU sich an einen Tisch setzen wird. Aus Verhandlungstaktik wird sie ein allfälliges Einverständnis so spät wie möglich signalisieren. Sie will die Schweiz dazu drängen mit einer möglicht schlanken Umsetzungsvariante anzutraben. Andererseits wird die SVP womöglich aus taktischen Gründen, gegen eine solche “weiche” Umsetzung opponieren.
3. Umsetzen und die EU and den Tisch zwingen
Aus rechtsstaatlichen und nachbarschaftlichen Überlegungen wäre es vorteilhaft eine einvernehmliche Lösung mit der EU anzustreben. Offensichtlich beobachtet die EU die Uneinigkeit innerhalb der Schweiz ganz genau und weiss, dass ihre sture Verweigerung von Verhandlungen die Uneinigkeit weiter verstärkt. Das spielt ihr in die Hände.
Die Schweiz könnte nun ihrerseits die Initiative einfach umsetzen. Wie oben erwähnt, werden alle Optionen in der einen oder der anderen Form das Personenfreizügigkeitsabkommen verletzen. Die Schweiz soll das Abkommen und damit die Bilateralen I jedoch nicht kündigen. Damit wird die Schweiz die EU spätestens am 9 Februar 2107 and den Verhandlungstisch zwingen.
Es ist nämlich davon auszugehen, dass die EU die Bilateralen I nicht ohne Verhandlungen kündigen wird. Zudem wäre dazu Einstimmigkeit der 28 Mitglieder nötig, was die Schwezer Diplomatie hoffentlich zu verhindern weiss.
Diese Strategie birgt selbstverständlich gewisse Risiken. Das grösste ist die unbekannte Reaktion der EU in Bezug auf die Bilateralen I und allfälligen Repressionsmassnahmen. Es ist aber durchaus denkbar, dass die EU vor dem 9. Februar 2017 an den Verhandlungstisch zurückkehrt, da diese die Vorteile der Bilateralen I und die 1.2 Millionen EU Bürger und 300`000 Grenzgänger in der Schweiz nicht einfach aufgeben will.
Diese 3. Variante könnte auch als Fortsetzung der 2. Variante verstanden werden, sollte die EU sich weiterhin stur stellen.
Weniger Sympathie habe ich für die Idee, eine weitere Abstimmung darüber abzuhalten, ob wir an den bilateralen Verträgen festhalten wollen oder nicht. Das bringt uns vorerst überhaupt nicht weiter. Wir haben dann zwei sich im Prinzip widersprechende Artikel in der BV.
Also, es bleibt spannend. Was wir aber brauchen ist eine klare Strategie und deren schnelle Umsetzung.
11.2.2015 – Der BR lässt die Katze aus dem Sack
Fast genau ein Jahr nach dem Ja zur Masseneinwanderungsinitiative hat der Bundesrat am 11. Februar 2015 deren Umsetzung präsentiert.
So verabschiedete er den Entwurf zur neuen Ausländergesetzgebung sowie ergänzende Massnahmen zu einer besseren Ausschöpfung des inländischen Potenzials an Arbeitskräften. Zudem hat er das Mandat für Verhandlungen mit der EU über das Abkommen zur Personenfreizügigkeit definitiv beschlossen.
Das vom Bundesrat erarbeitete Zuwanderungssystem enthält jährliche Höchstzahlen und Kontingente für alle Ausländerinnen und Ausländer und sieht vor, dass bei Stellenbesetzungen inländischen Arbeitskräften Vorrang gewährt wird. Für Drittstaatenangehörige sieht der Vernehmlassungsentwurf wie bis anhin Kontingente und Inländervorrang vor.
Allerdings hat er das revidierte Gesetz mit einer Ausnahmeklausel für EU-Bürger versehen. Für diese gilt die Kontingentierung erst, wenn mit der Europäischen Union das Freizügigkeitsabkommen neu ausgehandelt ist. Damit lässt sich der Bundesrat eine Hintertür offen, sollte, wie erwartet, keine Einigung mit der EU erfolgen.
Entwurf zur Änderung des Ausländergesetzes Umsetzung von Artikel 121a BV
Die Reaktionen fielen wie erwartet sehr unterschiedlich aus.
Der Tagi bemerkte nicht zu unrecht, dass wohl so oder so mit einer weiteren Abstimmung, sei es RASA oder eine Fragestellung zum Verhältnis CH/EU und der Bilateralen I kommen wird.
Die Stellungnahmen der Parteien, widerspiegeln das ganze zu erwartende Spektrum.
9.4. 2015 – Die Weltwoche wittert unlautere Absichten des BR
Weltwoche, 9. April, 2015
31.3.2015 – Eine Ventilklausel und Kontingente wurden bereits beim Abschluss des PFZ Abkommens ausgeschlossen
Tagi 31.3.2015
Ein Blick zurück zu den Verhandlungen über die Bilateralen I zeigt, dass Kontingente und Ventilkauseln schon damals keine Chance hatten.
Um klarzumachen, dass die Schweiz nicht etwa durch eine Volksabstimmung die eingegangenen Versprechen wieder rückgängig machen würde, brachte nun Brüssel seinerseits eine «Klausel» ins Spiel: die «Guillotine-Klausel». Diese sollte die sieben Abkommen im ersten Paket der bilateralen Verträge miteinander verknüpfen. Würde die Schweiz auch nur ein Abkommen – zum Beispiel die Personenfreizügigkeit – kündigen, würde die «Guillotine-Klausel» automatisch auch alle anderen Verträge aufheben.
9.4.2015 – Ein überparteilicher Verein “Vorteil Schweiz” wird gegründet
Diese Woche ist der überparteiliche Verein «Vorteil Schweiz» gegründet worden. Kleiner Unterschied zu anderen Bewegungen: Hinter diesem Komitee aus der Wirtschaft stehen zwei Berner Milliardäre, die bereit sind Millionen in die Rettung der Bilateralen zu stecken. Es sind dies Hansjörg Wyss und Jobst Wagner.
Der Verein «Vorteil Schweiz» will konkret die Bilateralen bestätigen und weiterentwickeln sowie das Völkerrecht achten, also eine Kündigung der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMKR) verhindern.
Ist «Vorteil Schweiz» eine Anti-Blocher-Truppe? Nein, sagt Jobst Wagner. «Wir sind keine Bewegung gegen etwas, sondern eine Bewegung für ein wieder positiveres Verständnis der Schweiz zu Europa.»
9.4.2015 – Die EU macht es einmal mehr klar, dass nicht verhandelt wird
Tagi, 9.4.2015
Der Pole Maciej Popowski als Generalsekretär des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD), also der Chefdiplomat der EU hat noch einmal unmissverständlich darauf hingewiesen, dass über die PFZ nicht verhandelt wird.
Er wählt sogar einen belehrenden Ton und gibt der Schweiz Ratschläge. Das kommt sicher nicht gut an.
Weiter sagt er, die EU schliesse zudem keine neuen Verträge ab, wenn nicht auch die institutionellen Fragen und die Probleme mit der Personenfreizügigkeit geregelt würden. Für Zündstoff ist gesorgt.
28.4.2015 – Kein Stromhandelsabkommen zwischen der Schweiz und EU
NZZ – 28.4.2015
Die EU hat den Stecker gezogen. Die Schweiz wird auf absehbare Zeit nicht ganz in den europäischen Strommarkt integriert sein.
Die EU hält seit fast zehn Jahren regelmässig fest, dass sie ohne eine institutionelle Vereinbarung über Gerichtsbarkeit, Rechtsauslegung und Acquis-Übernahme keine Binnenmarktverträge abschliessen will.
Die Situation wird langsam klarer, aber nicht einfacher:
Einer realistischen Debatte über die Europapolitik der nächsten Jahre stehen vier ineinander verkeilte Illusionen im Weg. Erstens wird die Schweiz kein neues Binnenmarktabkommen abschliessen können, solange die institutionellen Fragen nicht gelöst sind. Zweitens wird sie keine solchen Abkommen abschliessen können, solange es kein Einvernehmen über die Masseneinwanderungsinitiative gibt. Drittens wird eine Verhandlungslösung über die Masseneinwanderungsinitiative erst dann möglich, wenn die institutionellen Fragen geklärt sind (das Freizügigkeitsabkommen ist ein Binnenmarktabkommen). Viertens wird es keine Lösung für die institutionellen Fragen geben, solange sich Bern und Brüssel bei der Umsetzung der Personenfreizügigkeit nicht einig sind.
Gemäss gut informierten Quellen pocht die EU bei den institutionellen Verhandlungen auf eine Art Super-Guillotine. Sollte die Schweiz mit einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs in Luxemburg nicht einverstanden sein, dann könne Bern die Umsetzung zwar formell verweigern. Allerdings nur zum Preis, dass sämtliche bilateralen Verträge sistiert werden. Die EU will damit erreichen, dass die Schweiz faktisch an Urteile des EuGH gebunden ist.
Es ist unschwer zu sehen, dass damit alle Handlungsfähigkeit der Schweiz verloren ginge, sollten wir versuchen an den bilateralen Verträgen festzuhalten.
8.5.2015 – Die Britischen Wahlergebnisse könnten positiv für die Schweiz
BZ – 8.5.2015
Dieter Freiburghaus denkt nicht, dass dies der Fall sein wird.
Der britische Wahlsieger David Cameron will in Brüssel Vertragsänderungen für sein Land verhandeln. Wird ihm das gelingen?
Die EU wird Grossbritannien höchstens auf der symbolischen Ebene Konzessionen machen. Substanzielle Vertragsänderungen – gerade auch in Bezug auf die Personenfreizügigkeit – wird Brüssel auf keinen Fall gutheissen. Dazu bedürfte es der Zustimmung aller Mitgliedstaaten. Und die Mehrzahl davon ist interessiert daran, dass sich ihre Bürger innerhalb der Union frei bewegen können.
25.5.2015 – FDP-Präsident Müller hat eine «europakompatible Option» bereit
26.5.2015 – Watson
Es ist gut zu sehen, dass jetzt erkannt wurde, dass die berühmte “Quadratur des Kreises” nicht gelingen wird. Es bleibt nur eine “strikte” Umsetzung, die den Hinfall der Bilateralen zur Folge hat, oder einen anderen Ansatz, der Art 121a BV einen abschwächenden Gegenartikel entgegensetzt.
26.5.2015 – Auch SP hat eine Meinung: Die Bilateralen Verträge sichern
Nur einen Tag nach der FDP, äussert sich auch die SP zur Umsetzung.
Trotz der derzeit vorherrschenden Kriegsrhetorik in Teilen von Medien und Politik: Die EU ist unser Partner, nicht unser Feind. Gute Beziehungen zur EU sind gut für die Schweiz, schlechte Beziehungen sind schlecht für die Schweiz. Bei der Umsetzung des Zuwanderungs-Artikels ist deshalb der Erhalt der bilateralen Beziehungen gleich zu gewichten wie die Forderung nach einer Steuerung der Zuwanderung. Wenn die Schweiz gegenüber der EU vertragsbrüchig würde und als Folge die bilateralen Verträge fielen, wäre der wirtschaftliche und soziale Schaden enorm.
27.5.2015 – Erstreckung der vom Volk beschlossenen Umsetzungsfrist
NZZ – 27.5.2015
Die Zeit wird knapp bis am 9. Februar, 2017. Die NZZ bringt eine Idee ins Spiel, um Zeit zu gewinnen.
27.5.2015 – Freihandelsabkommen bedeutet Rückschritt
Tagi – 5.6.2015
Sollte die Umsetzung der MEI zur Auflösung anderer bilateraler Verträge führen, käme als Alternative ein umfassendes Freihandelsabkommen in Frage.
Das Fazit des Bundesrates: Ein umfassendes Freihandelsabkommen würde gegenüber den Bilateralen einen klaren Rückschritt bedeuten.
Der Bundesrat kommt zu folgender Antwort als Resultat einer Analyse der situation: Die bilateralen Abkommen bildeten einen massgeschneiderten rechtlichen Rahmen, welcher den engen wirtschaftlichen und politischen Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU sowie der geografischen Lage der Schweiz im Zentrum Europas gerecht werde, schreibt der Bundesrat.
26.6.2015 – Eric Guyer spricht das wahrscheinlichste Szenarion aus – neue Abstimmung.
NZZ – 12.6.2015
Das unentwirrbare Knäuel aus Überfremdungsängsten und wirtschaftlichen Interessen, dieser gordische Knoten der helvetischen Innenpolitik lässt sich nur mit einer zweiten Abstimmung durchtrennen. Alle wissen, dass dieses Szenario das wahrscheinlichste ist, doch kaum jemand vertritt dies offensiv im Wahljahr 2015. Dieses Vorgehen mag parteitaktisch klug sein, der Sache dient es nicht. Man kann die wichtigste Zukunftsfrage nicht beschweigen. Wer eine Alternative zur Utopie einer Alpenfestung Schweiz präsentieren und sich damit an der Urne durchsetzen will, muss frühzeitig und mit aller Kraft für eine Politik der konkreten Lösungen werben.
24.6.2015 – Neue Verhandlungsstrategie des Bundesrates – Mega Dossier
NZZ – 24.6.2015
Der Bundesrat will die verschiedenen Dossiers, über die mit der EU diskutiert wird, miteinander verknüpfen. Dadurch erhofft er sich mehr Handlungsspielraum. Offen ist, ob Brüssel überhaupt mitmacht. Im Kern geht es in den Verhandlungen mit der EU um zwei Fragen, bei denen eine praktikable Lösung noch in weiter Ferne liegt: die Akzeptanz der vom Schweizervolk beschlossenen Begrenzung der Zuwanderung und die von der EU verlangte institutionelle Integration in den Binnenmarkt (NZZ). Zudem will der Bundesrat einen neuen Chefunterhändler ernennen.
19.7.2015 – Die verzwickte Abstimmungssituation – Auslegeordnung
Schweiz am Sonntag: Der 9. Februar 2014 hat möglicherweise gleich vier Abstimmungen zur Folge: mit zwei Vorhaben der Regierung, der Rasa-Initiative und einer parlamentarischen Initiative. Die Regierung muss die Folgen des 9. Februars auf zwei Ebenen lösen: innenpolitisch im Ausländergesetz, aussenpolitisch in den Verträgen mit der EU. Die Umsetzung im Ausländergesetz liegt im Entwurf vor. Sie sieht Kontingente für Migranten nur dann vor, wenn sie nicht im Widerspruch stehen zur Personenfreizügigkeit. Die EJPD-Botschaft unterliegt dem Referendum. Deutlich verzwickter präsentiert sich die Situation aussenpolitisch. Einerseits gibt es deninstitutionellen Rahmenvertrag, für den sowohl die Schweiz als auch die EU bereits ein Mandat verabschiedet haben. Er sieht die dynamische Rechtsübernahme vor – und den Europäischen Gerichtshof (EuGH) als Schlichtungsstelle. Gleichzeitig bahnt sich seit der Bundesratssitzung vom 24. August eine Art Bilaterale III an. Man wolle nun alle Anliegen gebündelt in die Diskussion mit der EU einbringen, via einen Chefunterhändler, sagte Aussenminister Didier Burkhalter. Nicht nur die Regierung ist aktiv geworden.Das Komitee «Raus aus der Sackgasse» (Rasa) will mit einer Initiative den SVP-Zuwanderungsartikel aus der Verfassung streichen. 70000 Unterschriften hat es bereits zusammen. Ob Rasa die Initiative zurückziehen wird, «müssen wir uns gut überlegen», sagt Franziska Barmettler, Leiterin Politik von Swisscleantech. «Wir entscheiden das, wenn der Zeitpunkt gekommen ist.» Auch das Parlament will eine Abstimmung. In zwei parlamentarischen Initiativen fordern CVP und BDP, die Vertragsbeziehungen mit der EU in der Verfassung zu verankern.
9.8.2015 – 18 Monate verstrichen und wir sind kein bisschen weiser
Am heutigen Tag sind es 18 Monate her, seit dem denkwürdigen 9. Februar, 2014. Die Handhabung dieses sehr komplexen Problems war bis jetzt ein riesiges Trauerspiel.
Niemand weiss wohin, aber alle reden drein, behaupten, kritisieren und lamentieren. Passiert ist nichts. Unser System mit Botschaft, Vernehmlassung und öffentlichen Konsultationen ist nicht gemacht für eine Situation, bei der man mit einem fremden Staat Verhandlungen führen muss.
Die EU muss sich nur zurücklehnen, dem internen Hick-Hack zuschauen, die Botschaften des Bundesrates lesen und die ganze Verhandlungstaktik ist öffentlich. Dann wird vorsorglisch einmal dagegen gehalten. Eine RASA-Initiative, das zögerliche Vorgehen des Bundesrates und die öffentlich ausgetragenene Diskussion tragen das ihrige dazu bei.
Ich denke folgendes muss passieren:
Der vom BR ernannte Sonderbeauftragte nimmt die Verhandlungen zügig auf. Verhandelt die MEI auf der Basis einer moderaten Umsetzung, möglichst mit Ventilklausel für die EU Bürger. Für die anderen Einwanderer, inklusive Flüchtlinge kann man Kontingente einführen.
Wenn tatsächlich eine Gesamtlösung angestrebt wird, also inklusive einem Rahmenabkommen, werden die Verhandlungen ohnehin über den 9. Februar 2017 hinaus dauern.
Dann muss der BR die Umsetzung auf den Verordnungsweg durchführen. Dort wird er wohl am besten beraten sein, dies gemäss seinen Forderungen gegenüber der EU zu tun.
Schliesslich wird das Volk wohl nicht um eine matchentscheidende Volksabstimmung herumkommen.
20.8.2015 – RASA hat einhundert Tausend Unterschriften gesammelt
Tagi – 20.8.2915
Etwas überraschend hat die Organisation RASA (Raus aus der Sackgasse) angekündigt bereits einhundert Tausend Unterschriften gesammelt zu haben.
Dadurch scheint die Initiative, welche zum Ziel hat, jene Verfassungsbestimmung zu streichen, die am 9. Februar 2014 mit dem JA zur MEI eingeführt wurde, falls deren Umsetzung den Erhalt der bilateralen Verträge mit der EU gefährdet.
Dies eröffnet neue Optionen, wird aber den Verhandlungen mit der EU nicht zuträglich sein, wenn die Option besteht, dass die Verfassungsbestimmung schliesslich wieder verschwindet.
1.10.2015 – Präsidenten der ETH und EPFL sind besorgt
NZZ – 1.10.2015
Die Präsidenten Lino Guzzella (ETH Zürich) und Thomas Aebischer (EPF Lausanne) weilten in Brüssel. Denn die Forscher sind im Konflikt zwischen der Schweiz und der EU zu politischen Geiseln geworden. Grund dafür ist der hastige Entscheid des Bundesrats im Frühjahr 2014, die Freizügigkeit nicht auf Kroatien auszudehnen – worauf die EU die Verhandlungen über die weitere Teilnahme der Schweiz am Forschungsprogramm «Horizon 2020» aussetzte.
Die Möglichkeit, sich an den Ausschreibungen des Europäischen Forschungsrats (ERC) zu beteiligen, sei bei der Rekrutierung internationaler Spitzenforscher entscheidend, sagte Aebischer. Gebe es keine Lösung mit der EU, drohten die ETH zu Forschungsstätten von regionaler Bedeutung zu verkommen.
9.10.2015 – Ohne Druck auf die EU wird diese nie in Verhandlungen einsteigen
BaZ – 9.10.2015
Doch wie bringt man Brüssel überhaupt dazu, mit der Schweiz zu verhandeln? Erfahrene Diplomaten sagen, erst wenn der Bundesrat dem Parlament die einseitige Einführung von Zuwanderungsregeln oder eine Schutzklausel vorschlage, werde Brüssel überhaupt in Verhandlungen einsteigen. Der richtige Moment für eine Botschaft an das Parlament ist also nicht im nächsten Sommer, sondern jetzt.
In dieser Situation ist eine Schutzklausel der Drohung mit einer wortgetreuen Umsetzung überlegen: Zu fordern, was die Gegenseite nur mit Gesichtsverlust akzeptieren könnte, weicht die Fronten nicht auf. Mit einer wirkungsvollen, aber moderaten Lösung dem Gegenüber entgegenzukommen, ist das bessere, weil erfolgversprechendere Vorgehen. Die Schutzklausel ist für die EU noch akzeptabel, wenn sie die Zuwanderung hierzulande deutlich einschränkt.
13.10.2015 – Ein paar Tage vor den Wahlen streiten sich FDP und SP
FDP Präsident Philipp Müller hat in der Presse angedeutet, dass die FDP eine strikte Umsetzung im Parlament unterstützen wird, aber darauf spekuliert, dass die SP das Referendum ergreifen wird. In diesem Fall würde dann die FDP an einem Gegenvorschlag, der die Bilateralen retten würde, mitarbeiten.
Damit will er die SP in die Position drängen, dass diese den Volkswillen nicht respektiert. Erwartungsgemäss hat die SP das nicht toll gefunden und mit einem offenen Brief reagiert.
Patrick Feuz sagt es in Der Bund klar: damit ist es noch nicht gemacht. Es braucht klarere Aussagen, wie die Lösung genau aussehen wird.
29.11.2015 – Schutzklausel wird salonfähig – auch für SVP
NZZ – 29.11.2015
Es gibt verschiedene Indizien, dass Bewegung in die Sache kommt. Nach fast 2 Jahren ohne Mandat, geschweige denn Verhandlungen, gibt es einen Plan A und einen Plan B.
Plan A ist eine von der EU akzeptierte Einschränkung, die aber ohne Abänderung der Verträge geschieht und die Klausel die in Härtefällen Anpassungen erlaubt, zur Hilfe nimmt.
Plan B ist eine unilaterale Umsetzung von Seiten der Schweiz in Form einer Schutzklausel. Nachdem die SVP gemerkt hat, dass eine strikte Umsetzung kaum möglich ist und sich ein möglicher Wechsel eines SVP Bundesrates ins EJPD abzeichnet, hat diese Kompromissbereitschaft gezeigt und eine Schutzklausel als mögliche Lösung nicht mehr ausgeschlossen.
4.12.2015 – BR will Schutzklausel – wenn nötig unilateral
NZZ-29.11.2015
Überschreitet die Zuwanderung aus der EU in einem Jahr ein gewisses Mass, sollen für das Folgejahr Kontingente eingeführt werden. Parallel dazu strebt der Bundesrat eine Einigung mit der EU an.
Natürlich sind die Warner nicht weit. Europa-Experte Dieter Freiburghaus hält wenig von der Strategie. Oder auch die Europarechtlerin Christa Tobler hält wenig von einer einseitigen Schutzklausel.
Anders als viele Kommentatoren sehe ich den Vorschlag nicht so negativ. Er ist eine gute Basis.
Erstens müssen wir uns nochmals vor Augen führen, dass es einen Artikel 121a in unserer BV gibt, den es (pragmatisch) umzusetzen gilt. Zweitens wäre eine Schlaumeierei, die die EU-Bürger von irgendwelchen Einschränkungen ausgenommen hätte, ein Verrat am Souverän gewesen und hätte keine Unterstützung der SVP genossen.
Die Schutzklausel scheint mir einen vernünftigen Kompromiss, zumal deren Ausgestaltung nochmals viel Spielraum lässt.
Auch die Androhung, diese allenfalls unilateral einzuführen ist richtig. Nur so erzeugt man Druck auf die EU, die Diskussion mit der Schweiz auch zu führen.
Natürlich birgt auch diese Option Risiken, da wir nicht wissen, wie die EU schliesslich reagiert. Ich gehe aber davon aus, dass der Bundesrat in den langdauernden Konsultationen mit der EU, Indikationen erhalten hat, dass dieser Ansatz akzeptierbar wäre.
Auch dass die SVP die Schutzklausel plötzlich als Kompromiss sieht und economiesuisse sofort auf den Zug aufspringt, ist ein Indiz, dass sich all diese Exponenten auf dem richtigen Weg wähnen.
Ich finde es jetzt wichtig, dass man dem Bundesrat den Rücken stärkt und ihn seine Arbeit machen lässt.
Als Massnahme in letzter Not existiert immer noch ein Referendum oder eine abgewandelte Initiative RASA. Ich glaube, wir sind endlich auf dem richtigen Weg.
4.12.2015 – Wirtschaftliche Folgen der Aufkündigung der Bilateralen I
NZZ – 4.12.2015
Die Studien zeigen: Bis 2035 würde das Bruttoinlandsprodukt zusammengerechnet 460 bis 630 Mrd. CHF tiefer ausfallen. Damit würde der Wegfall der Bilateralen I in weniger als 20 Jahren ungefähr ein heutiges «Jahreseinkommen» der Schweizer Volkswirtschaft kosten.
30.12.2015 – Die Schweiz braucht eine umfassende Strategie
NZZ – 30.12.2015
Eric Guyer bringt es auf den Punkt. Es braucht eine umfassende Strategie, was die Beziehungen zur EU anbetrifft. Inklusive dem institutionellen Rahmenvertrag.
1.2016 – Die offizielle Schweiz weibelt am WEF und anderswo
Bundesrat Schneider-Ammann:
2.2.2016 – Die Vereinbarung der Briten macht der Schweiz Hoffnung
Tagi – 2.2.2016
London erhält eine Schutzklausel bei der Sozialhilfe. Die Schweiz will eine bei der Zuwanderung. Sind ihre Chancen jetzt gestiegen?
Vor dem Referendum im Juni gibt es sicher keine Bewegung. Die EU wird sich hüten der Schweiz Zugeständnisse zu machen, bevor die Briten abgestimmt haben. Die Schweiz sei ein separater Fall und zudem in Gegensatz zu Grossbritannien kein Mitgliedsland, werden in Brüssel Parallelen zurückgewiesen. Allerdings hat die EU akzeptiert, dass Ausnahmen vom Diskriminierungsverbot und beim Prinzip der Personenfreizügigkeit unter besonderen Umständen möglich sind. Das könnte der Schweiz Hoffnung machen.
4.3.2016 – Die Personenfreizügigkeit mit der EU hat Vorrang vor Schweizer Recht
Tagblatt – 4.3.2016
Es ist ein Urteil mit Folgen für eines der wichtigsten Dossiers der Schweizer Politik: Im November entschieden die Bundesrichter in Lausanne, dass die neue Verfassungsbestimmung zur Steuerung der Zuwanderung keinen triftigen Grund darstellt, das Freizügigkeitsabkommen (FZA) zwischen der Schweiz und der EU restriktiver auszulegen respektive von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs abzuweichen.
4.3.2016 – Schutzklausel
Tagi – 4.3.2016
Gelingt keine Einigung mit der EU, soll die Schweiz die Masseneinwanderungsinitiative mit einer einseitigen Schutzklausel umsetzen. Das hat der Bundesrat beschlossen und die entsprechende Gesetzesbotschaft ans Parlament überwiesen.
So richtig zufrieden ist niemand mit dem Vorschlag.
Amstutz (SVP):
Die Situation bleibt verfahren und komplex. Viele Komentatoren sind sich einig, dass in jedemFall letztlich nur einen Ausweg gibt: eine zweite Volksabstimmung. (F&W)
6.3.2016 – Wir sind einer Lösung nahe
Tagi – 6.3.2016
Bundesrat Burkhalter lässt zwei Tage nach der Ankündigung keinen Zweifel offen, dass die EU die “Schutzklausel” als Mechanismus akzeptiert hat.
Die Taktik des Bundesrates ist klar. Man hat offensichtlich von der EU Indikationen erhalten, dass man einer Schutzklausel gegenüber offen sei. Einer Schutzklausel, die im Rahmen von Artikel 14 des PFA abgewickelt wird. Also ohne Änderung des PFA. Um das noch etwas zu verschleiern, spricht man von einseitiger Schutzklausel. Man markiert damit Stärke gegen innen und schafft etwas Verhandlungsspielraum. Mit der Betonung, dass man eine einvernehmliche Lösung mit der EU anstrebt, sendet man das entsprechende Signal nach Brüssel, hat aber innenpolitisch auch die Möglichkeit zu argumentieren, dass eben eine starkes Nachgeben nötig war, um die einvernehmeliche Lösung zu erzielen.
6.3.2016 – Es braucht eine zweite Volksabstimmung
FuW – 6.3.2016
Ausgehend von der Vorgabe, das erste Paket der bilateralen Verträge mit der EU, zu dem auch die Personenfreizügigkeit gehört, nicht zu gefährden, ist die Initiative nicht verfassungskonform umsetzbar.
Es gibt letztlich nur einen Ausweg: eine zweite Volksabstimmung. Doch worüber genau abstimmen?Vielleicht über einen differenzierteren direkten Gegenvorschlag zur RASA Initiative?
1.5.2016 – Ein Versuch der Rettung von Horizon 2020
NZZ – 1.5.2016
Die Schweizer Hochschulen und ihre Forscher befürchten, dass die Schweiz den Anschluss an die internationale Forschung verpasst. Konkret geht es um Folgendes: Nach dem Ja der Schweizer Stimmbevölkerung zur Masseneinwanderungsinitiative (MEI) im Februar 2014 hat die Schweiz die Erweiterung der Personenfreizügigkeit auf Kroatien auf Eis gelegt. Als Reaktion darauf verweigerte die EU der Schweiz zuerst die Teilnahme an Horizon 2020, später einigte man sich dann doch noch auf eine zeitlich befristete Teil-Assoziierung.
Der Bildungsminister setzt alles daran, dass die Schweiz an Horizon 2020 teilnehmen kann. Erstmals erwägt er auch öffentlich, die beiden Themen voneinander zu lösen.
14.5.2016 – Foraus legt einen Gegenentwurf zur Rasa-Initiative vor
NZZ – 14.5.2016
Es ist eine heisse Kartoffel, von der die meisten Politiker, solange sie können, lieber die Finger lassen: die Rasa-Initiative. Sie verlangt die Streichung des Zuwanderungsartikels 121a in der Bundesverfassu
Die Denkfabrik Foraus legt einen Vorschlag vor, den sie als chancenreicher einschätzt, weil er das Anliegen der Zuwanderungssteuerung aufnehme, ohne aber die Bilateralen zu gefährden.
Konkret würde der sogenannte «Konkordanzartikel» in der Verfassung festhalten, dass die Schweiz die Zuwanderung eigenständig steuert, wobei hierzu auch völkerrechtliche Verträge zur Personenfreizügigkeit (sprich: mit der EU) abgeschlossen werden können. Darüber hinaus nennt der Artikel gewisse Kriterien für die Erteilung von Aufenthaltsbewilligungen wie etwa das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses in der Schweiz, und er verweist schliesslich auf die Möglichkeit flankierender Massnahmen beispielsweise zum Schutz vor Lohndumping.
14.5.2016 – Polit Schrott
Weltwoche – 14.5.2016
Köppel wittert eine Verschwörung von Bundesrat Burkhalter und seinen Beamten. Er glaubt, sie wollten die Schweiz verschenken.
Sie verflechten den Volksentscheid gegen die Masseneinwanderung mit dem EU-Rahmenvertrag, um das Ganze als genialen Kompromiss zur «Rettung des bilateralen Königswegs» zu verkaufen.
29.5.2016 – Kontingente oder keine Kontingente?
Der Bund – 29.5.2016
Die Familie Blocher scheint sich noch nicht so einig zu sein. In zwei verschiedenen Interviews in der Sonntagspresse verlangt Vater Blocher auf jeden Fall Kontingente und Tochter Martullo will Kontingente nur in Notfällen.
10.6.2016 – Auch Inländervorrang nicht PFZ kompatibel
Tagi – 10.6.2016
Das sagt die EU-Kommissarin für Arbeitsmobilität und Marianne Thyssen. Denn: «Der Inländervorrang ist eine Diskriminierung von EU-Bürgern.»
24.6.2016 – BREXIT – Der Schock!
NZZ – 24.6.2016
Der BREXIT, der Austritt von Grossbritanien aus der EU hat viele auf dem falschen Fuss erwischt. Auch die Karten bei den Verhandlungen zwischen der Schweiz und der EU zur MEI werden neu gemischt werden.
29.6.2016 – Gibt es aus Zeitmangel eine Übergangslösung?
Tagi – 29.6.2016
Der Präsident des EU-Parlaments, Martin Schulz, mag sich für die Idee einer regionalen Schutzklausel nicht erwärmen. Dafür bringt er aber gleichzeitig die Möglichkeit einer Übergangslösung zur Umsetzung der Masseneinwanderungs-Initiative in die Debatte ein.
27.6.2016 – De Wattewille gibt sich kämpferisch. Aber EU ist beschäftigt
NZZ – 27.6.2016
De Watteville fand in Brüssel keine verschlossenen Türen vor. Der Schweizer Chef-Unterhändler musste aber feststellen, dass die Schweiz nach dem Brexit-Schock bis jetzt auf keiner EU-Prioritätenliste fungiert.
De Watteville bekräftigte, dass die Schweiz 2017 eine unilaterale Schutzklausel einführe, sollte es mit der EU nicht zu einer einvernehmlichen Einigung kommen – was nicht im Interesse der EU sei.
16.7.2016 – Keine Einigung in der Zuwanderungsfrage – Gespräche vertagt
NZZ – 16.9.2016
Bundespräsident Schneider-Ammann und EU-Kommissionspräsident Juncker haben die Gespräche über die Personenfreizügigkeit vertagt. Die Schweiz hat nun die Wahl zwischen internen Massnahmen, einer Fristerstreckung oder einer Verfassungsänderung.
Am Rande des Asem-Gipfels in der mongolischen Hauptstadt Ulan Bator hat am Samstag auch ein Mini-Gipfeltreffen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union stattgefunden. Bundespräsident Johann Schneider-Ammann und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker diskutierten den Stand der laufenden Gespräche.
Der Austritt Grossbritanniens erschwere die Lösungssuche. Juncker und Schneider-Ammann wollten jetzt die Gespräche auf technischer Ebene intensivieren und sich am 19. September in Zürich erneut treffen.
28.8.2016 – Immer mehr Stimmen fordern extrem “weiche” Umsetzung
Der Bund – 28.8.2016
Wenige Tage vor der entscheidenden SPK-Sitzung, scheint sich eine Konzept mit “Inländervorrang light” abzuzeichnen. Vom Tisch scheinen Kontingente und Schutzklauseln, über die jetzt während 30 Monaten gebrütet wurde.
2.9.2016 – Die SPK-N setzt mit Inländervorrang “light” um
NZZ – 2.9.2016
Die Staatspolitische Kommission des Nationalrats will die Zuwanderungsinitiative mit einem sanften Inländervorrang umsetzen. Das hat sie mit 16 zu 9 Stimmen beschlossen, wie sie am Freitag mitteilte. Vorgesehen ist ein dreistufiges Konzept. In einem ersten Schritt soll der Bundesrat Massnahmen zu einer besseren Ausschöpfung des Potenzials inländischer Arbeitskräfte vorsehen. In einem zweiten Schritt könnte eine Stellenmeldepflicht eingeführt werden, wenn die Zuwanderung einen bestimmten Schwellenwert überschreitet. Führen diese Massnahmen nicht zur gewünschten Wirkung, könnte der Bundesrat «geeignete Abhilfemassnahmen» treffe, dies allerdings nur mit Zustimmung der EU.
Eine erstaunlicher Vorschlag, wenn man die Diskussionen während der vorangegangenen 30 Monate verfolgt hat. Nicht nur wird keine der Hauptforderungen in Art. 121 a erfüllt, auch werden keine Höchstzahlen oder Kontingente für anerkannte Asylanten erwähnt.
Die Frage, ob die Nationalratslösung, die ohne Kontingente und ohne eine Vereinbarung auskommt, verfassungskonform ist, muss man sich stellen.
Die Antwort ist relativ einfach: der Vorschlag ist nicht verfassungskonform. Also muss der Vorschlag abgeändert werden oder die Verfassung in einer weiteren Abstimmung angepasst werden. Affaire à suivre.
11.9.2016 – Dann passierte etwas wirklich Sensationelles: gar nichts
Tagi – 11.9.2016
In kurzer Beratung entschied die Nationalratskommission, dass der Kern der Initiative, die Wirtschaft und Politik drei Jahre in Atem gehalten hatte, aus Folgendem bestand: Firmen sollen offene Stellen künftig den regionalen Arbeitsämtern melden. Sonst nichts: keine Höchstzahlen, keine Kontingente, kein Bruch mit der EU. Und sämtliche Parteien ausser der SVP, eben noch intern und miteinander zerstritten, stellten sich hinter die Vorlage. So still, als wäre die Bombe ein Knallbonbon gewesen.
Natürlich blieb noch Restlärm: Die SVP tobt, die Verfassungsrechtler ächzen, der Ständerat will einen Hauch mehr Bürokratie. Aber die Stille ist unglaublich. Drei Jahre war die politische Schweiz in Aufruhr, dann passierte: nichts.
25.9.2016 – Kanton Tessin bestimmt Inländervorrang
NZZ – 25.9.2016
«Prima i nostri» – «Zuerst die Unsrigen»: So nennt sich die kantonale Volksinitiative der SVP, die sich auf den regionalen Arbeitsmarkt bezieht und welche die Tessiner am Sonntag mit 58 Prozent angenommen haben.
Die Frage ist jetzt, was mit diesem kantonalen Gesetz geschieht. Sehr wahrscheinlich wird der entschid vom nationalen Parlament nicht akzeptiert.
29.9.2016 – SVP als Verliererin stellt klar
Die SVP geht aus der Diskussion und der Umsetzung vorerst als Verliererin hervor. Die von ihr gewonnene Initiative wird einfach nicht umgesetzt. Zudem wird ihr vorgeworfen, keine konstruktiven Lösungen eingebracht zu haben. Die SVP probiert dies mit Klarstellungen zu widerlegen.
1.12.2016 – Im Ständerat: Verschärfter Inländervorrang
1.12.2016 – Tagi
Der Ständerat hat über die Umsetzung des Zuwanderungsartikels in der Verfassung entschieden – nach einer langen, mit vielen Metaphern und Bezügen auf Klassiker der Literatur ausgeschmückten Debatte.
Durchgesetzt hat sich der verschärfte Inländervorrang light von Philipp Müller (AG, FDP). Dieser sieht neben einer Meldepflicht bei offenen Stellen auch eine Anhörungs- und Begründungspflicht für die Unternehmen vor.
20.12.2016 – MEI-Umsetzung ist unter Dach und Fach
16.12.2017 – economiesuisse
Economiesuisse jubelt: Das Parlament hat zum Ende der wintersession das revidierte Ausländergesetz zur Umsetzung der Masseneinwandernungs-Initiative fristgerecht verabschiedet.
Daraufhin hat der Bundesrat umgehend die Erweiterung der Personenfreizügigkeit auf Kroatien ratifiziert und damit den vollen Anschluss der Schweiz an das EU-Forschungsprogramm «Horizon 2020» gesichert.
Die NZZ bringt es auf den Punkt:Auf dem innenpolitischen Parkett hat der Bundesrat im letzten Frühjahr die Kontrolle über das Dossier komplett verloren. Nach zahllosen Verrenkungen und Kehrtwenden leitete er dem Parlament eine unbrauchbare und völkerrechtswidrige Vorlage zu. Es blieb dem Parlament nicht viel mehr übrig, als eine eigene Variante zusammenzuzimmern.
Was das Parlament verabschiedet hat, ist selbstverständlich ein unbefriedigendes Gesetz. Es ist eigentlich keine Umsetzung, sondern lediglich ein Alibi, das Kroatienprotokoll zu ratifizieren und damit Horizon 2020 zu retten und vor allem: um Zeit zu gewinnen!
20.12.2016 – Verfassungsbruch schreit die SVP
Die SVP tobt: Mit der NICHT-Umsetzung des am 9. Februar 2014 von Volk und Ständen beschlossenen Auftrages der Steuerung der Zuwanderung begeht das Parlament einen in dieser absoluten Form einmaligen Verfassungsbruch.
20.12.2016 – AUNS will Kündigung der PFZ
NZZ – 16.12.2016
Es dauert nicht lange, bis die SVP-nahe AUNS aus den Hüften schiesst und eine Initiavive zur Kündigung der PFZ ankündigt.
Bundesrat und Parlament seien nicht gewillt, den Verfassungsauftrag der souveränen Steuerung der Zuwanderungspolitik umzusetzen, teilte die Auns am Freitag mit. Sie werde es nicht zulassen, dass die Schweiz zu einer «EU-Kolonie verkommt».
Sie werde so rasch als möglich eine Initiative «mit dem Ziel der Kündigung des Freizügigkeitsabkommens» lancieren, schreibt die Auns weiter. Dabei lasse sie sich nicht von den Wirtschaftsverbänden einschüchtern. Für die Auns ist klar: «Die EU-Staaten werden die Abkommen der Bilateralen I nicht kündigen, auch wenn die Personenfreizügigkeit endlich wegfallen wird.»
21.12.2016 – Zwei Gegenvorschläge zur RASA Initiative
NZZ – 21.12.2016
Der Bundesrat will grundsätzlich zwei Varianten vorschlagen, die einerseits das Fortbestehen der bilateralen Verträge sichern und anderseits den Auftrag zur Steuerung der Zuwanderung beibehalten sollen, wie Sommaruga vor den Medien erklärte. Der Bundesrat wolle mit zwei Varianten eine breite Diskussion ermöglichen.
Die erste Variante soll eine Bestimmung in den Zuwanderungsartikel aufnehmen, wonach bei der Steuerung der Zuwanderung völkerrechtliche Verträge berücksichtigt werden sollen, die von grosser Tragweite für die Schweiz sind. Die zweite Variante sieht vor, die Übergangsbestimmung im Zuwanderungsartikel zu streichen, den Artikel selbst aber nicht zu ändern.
9.2.2017 – 3 Jahre und viel Bla, Bla, Bla
Heute endet die Umsetzungsfrist von drei Jahren für die Masseneinwanderungsinitiative. Die Aufgabe war nicht lösbar. Umgesetzt wurde sie nicht. Der Gesetzesartikel ist bestenfalls ein Alibi. Man hat vor allem versucht Zeit zu gewinnen.
Denn vorbei ist die Diskussion nicht. Der Artike Art 121.a steht nach wie vor in der Bundesverfassung. Und Rechtsstaatlichkeit erfordert es, dass das Dilemma in irgend einer Form aufgelöst werden muss.
Mit der Kündigungsinitiative der AUNS, der RASA Initiative und dem Gegenvorschlag des Bundesrates, steht der eigentliche Showdown erst noch bevor.