Verschiedene Kulturen haben einen unterschiedlichen Umgang mit Niederlagen. Während Scheitern in Ländern wie der Schweiz, Deutschland und Japan ein Tabu ist, darf man in den USA sehr wohl scheitern, ohne soziale Ächtung zu erfahren.
In Amerika musst du mindestens dreimal in Konkurs gegangen sein, um als erfolgreich zu gelten. So tönte es vor 30 Jahren aus dem Munde eines Professors an der ETH. Er hatte ein paar Jahre in Amerika verbracht und sollte es wohl wissen. Für uns junge Schweizer Studenten klang das ziemlich daneben. Wie kann es sein, dass Misserfolg die Basis für Erfolg sein kann?
Diese Erinnerung kam zurück, als ich kürzlich einen Zeitungsartikel zu diesem Thema las. Das hat mich veranlasst, mir ein paar Gedanken zur Thematik Erfolg und Misserfolg zu machen.
In unserer Kultur wird Misserfolg oft mit Niederlage gleichgesetzt. Jemand der mit einem Unterfangen gescheitert ist, hat wohl zu wenig hart gearbeitet oder war nicht schlau genug ‚ ist zu viel Risiko eingegangen und ist demnach selber Schuld – so lautet die landläufige Meinung. Wir verehren die Erfolgreichen, die Sieger und denjenigen der Leistung bringt. Wir schauen zu ihnen hoch.
In unserer Kultur ist es verpönt, ein allzu grosses Risiko einzugehen. Dieses Grundverhalten, das vom Versuch getrieben wird, ja nicht zu scheitern, hat einen weitreichenden Einfluss auf Gesellschaft und Unternehmertum. Länder wie die Schweiz, Deutschland und Japan, wo Misserfolg um jeden Preis vermieden werden soll, sehen weniger visionäre und revolutionäre Entwicklungen. Vielmehr wird das Bestehende in vielen kleinen, nicht zu risikoreichen Schritten optimiert. Das beobachtet man in der Deutschen Maschinenindustrie, der Schweizerischen Uhrenindustrie und der Japanischen Elektronikindustrie. Hier werden Güter, die seit vielen Jahrzehnten bestehen in kleinen Schritten optimiert und ständig verbessert.
Ein komplett gegenteiliges Konzept zeigt sich in der angelsächsischen Welt, im speziellen in den USA. Wie uns schon unser Professor vor vielen Jahren erklären wollte, ist das Scheitern nichts Schlimmes. Ja, es ist sogar die Basis für den späteren Erfolg!
Es gilt, lieber zu scheitern als etwas nicht gewagt zu haben. Misserfolg ist in der Gesellschaft akzeptiert. Es ist keine Schande zu scheitern, wichtig ist, wieder aufzustehen, vom Misserfolg zu lernen und es nochmals zu versuchen. Nicht das Scheitern ist tabu, sondern das Aufgeben. Henry Ford soll gesagt haben: “es kapitulieren mehr Menschen als scheitern”.
Das diese Mentalität eine ganz andere Gruppe von Menschen hervorbringt, ist klar. Wenn das Eingehen von Risiken und ein potentielles Scheitern nicht zu sozialer Ächtung führt, ist man viel eher bereit, solche auf sich zu nehmen. Diese „Trial and Error – Mentalität“ führt zwangsläufig zu mehr Innovation und revolutionäreren Ideen. Es ist wohl kein Zufall, dass neue Technologien wie das iPhone, Google und Facebook in den USA entstanden sind.
Es stellt sich jetzt die Frage, ob der eine Umgang mit Misserfolg dem anderen vorzuziehen sei? Ich denke, dass wir in der Schweiz mit dem Vermeiden von allzu grossen Risiken in der Vergangenheit gut gefahren sind. Es ist jedoch so, dass heutzutage viele Prozesse und Veränderungen schneller ablaufen, als das bis vor ein paar Jahren noch der Fall war. Das verlangt raschere und daher oft weniger gut durchdachte Lösungen. Auch verlangt die Komplexität oft nach Lösungen, die nicht von vorne herein 100 Prozent Erfolg versprechen. Daher sollten wir uns daran gewöhnen, dass wir vermehrt das Risiko von Misserfolg eingehen müssen.
Dazu braucht es eine veränderte Denkweise sowohl beim Einzelnen, wie auch in der Gesellschaft. Geschwindigkeit, Innovation und revolutionäre Lösungen brauchen die Kultur der zweiten Chance.
Zum Schluss noch eine ganz persönlicher Gedanke: Könnte es sein, wenn man im Leben nie scheitert, dass man seine Grenzen und Fähigkeiten nie ganz ausgelotet hat? Als Folge davon, sein wirkliches Potential gar nie ausschöpft und nie das erreicht, wozu man eigentlich fähig wäre?
Also, nur Mut und etwas Neues probieren. Hinfallen ist keine Schande. Aufstehen, inne halten, aus dem Scheitern lernen und es wieder versuchen!
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