Patentlösungen zur Asylfrage gibt es nicht. Die Flüchtlingsströme sind immens. Wir als Bürger und als Staat haben eine moralische Verpflichtung zu helfen. Aber nicht uneingeschränkt und grenzenlos. Als Beitrag zur Versachlichung der Diskussion und besseren Eingrenzung unserer Hilfe schlage ich folgende Strategien vor:
- Internationale Flüchtlingskonferenz auf Initiative der Schweiz.
- Sofortige Kontingente für vorläufig Aufgenommene und anerkannte Flüchtlinge auf der Basis von Art 121.a der Bundesverfassung (Masseneinwanderung).
- Bessere Kostentransparenz der gesamten Asylkosten.
- Sofortige Evaluation und Gewährung von “Hilfe vor Ort”.
Das Asylwesen erhitzt die Gemüter. Und das liegt nicht bloss am warmen Sommer und der provokativen SVP-Rethorik. Das etwas diffus definierte Thema “Ausländer” war auch in meinem bisherigen Strassenwahlkampf das klar dominierende Thema. Das Sorgenbarometer der Credit Suisse von Ende 2014 listet Ausländerfragen als zweitgrösste Sorge gleich hinter der Arbeitslosigkeit auf.
Über die letzten Wochen hat sich die SVP mit radikalen Forderungen wie „Asylmoratorium“ oder Schlagwörtern wie “Asylchaos“ die Abgrenzung nach Rechts vorgenommen und Grüne und Linke mit der Forderung nach Aufnahme von zusätzlich einhundert Tausend Syrischer Flüchtlinge, dies nach links getan. Beides sind Extrempositionen, die keine Mehrheiten finden werden und demnach nicht hilfreich sind.
Wir haben ein globales Flüchtlingsproblem. Weltweit sind zwischen fünfzig und sechzig Millionen Leute auf der Flucht vor Krieg und Verfolgung. Zwanzig Millionen davon ausserhalb ihres Heimatlandes. Diese gelten als Flüchtlinge gemäss Genfer Flüchtlingskonvention von 1951.
Ich stelle mich auf den Standpunkt, dass wir Verantwortung zur Hilfeleistung haben, aber diese nicht grenzenlos sein kann. Also muss man diese Grenzen definieren.
Zudem bin ich immer noch tief überzeugt, dass “Hilfe vor Ort” eine realistische Alternative zur Aufnahme in der Schweiz darstellt.
Daraus abgeleitet meine 4 Strategien:
Internationale Flüchtlingskonferenz
Das Flüchtlingsproblem ist ein globales oder zumindest regional länderübergreifendes. Wenn jedes Land für sich eine Strategie definiert, wird das nicht zielführend sein. Es braucht ein koordiniertes Vorgehen.
Ich schlage vor, dass die Schweiz eine Serie von Konferenzen initiiert, in denen zum Beispiel die Europäischen Länder, Nordafrika und die Hauptaufnahmestaaten von Flüchtlingen aus Syrien, wie die Türkei, Libanon und Jordanien teilnehmen. Klar wird das nicht einfach werden. Die wirklich länderübergreifenden Probleme gemeinsam anzugehen, ist allemal besser, als wenn jeder selbst “wurstelt”. Kleine Schritte sind besser als keine Schritte.
Migration und Flüchtlingsströme müssen mit einer Kurz -, Mittel – und Langfriststrategie auf internationaler Ebene angegangen werden. Länderspezifische Massnahmen werden Kosmetik bleiben.
Aus der Erkenntnis, dass wir helfen müssen aber nicht allen helfen können, ergibt sich die entscheidende Frage: wie vielen Leuten sollen wir helfen, wo wollen wir helfen und wie viele Mittel sollen wir dafür einsetzen?
Ich glaube auch, dass die etwas diffuse Angst vieler Schweizer vor allem mit dem fehlen von konkreten und verbindlichen Zahlen zusammenhängt. Man hat Angst vor einer übergrossen Menge von Flüchtlingen und sehr hohen Kosten, die an die eigene Brieftasche gehen könnten. Man will helfen – bis zu einem vernünftigen Mass.
Sofort Kontingente für vorläufig aufgenommene und anerkannte Flüchtlinge
Wenn man weiss, dass man nie allen Flüchtlingen helfen kann und man beschränkte Mittel und Platz hat, wäre es meiner Meinung nach besser, die Anzahl zu definieren und jährlich festzulegen. Der Bundesrat sollte eine Zahl bestimmen, die von der Mehrheit der Schweizer mitgetragen wird. Damit weichen die Extremposition von Null (Moratorium, “Grenzen zu”) bis weit über einhundert Tausend (Spezialkontingente für Syrien), konkreten Zahlen.
Die Masseneinwanderungsinitiative sieht explizit Kontingente für Flüchtlinge vor: … Die Höchstzahlen gelten für sämtliche Bewilligungen des Ausländerrechts unter Einbezug des Asylwesens. Auch der Entwurf des Bundesrates unter Ziffer 12.12 sagt: Verzicht auf Schaffung von Höchstzahlen und Kontingenten für Personen im Asylverfahren, nicht aber für vorläufig Aufgenommene und anerkannte Flüchtlinge mit Aufenthaltsbewilligung. Es sind dafür Kontingente des Bundes vorzusehen, die sich an den bisherigen Erfahrungen orientieren und bei Bedarf rasch angepasst werden können, damit die Schweiz ihre völkerrechtlichen Verpflichtungen weiterhin einhalten kann.
Diese Forderung rennt also offene Türen ein, denn die Mehrheit des Volkes wollte das so.
Es gibt sicher einige kritische Detailpunkte zu lösen, wie die Einhaltung verschiedener internationaler Verpflichtungen, wie das Non-Refoulement-Gebot oder die EMRK. Das scheint mir aber durchaus möglich. Es steht meiner Meinung nichts dagegen, dass der Bundesrat auf Anfang 2016 diese Kontingente definiert.
Sind Kontingente erreicht, heisst das nicht, dass keinen weiteren Flüchtlingen mehr Schutz geboten wird. Es heisst lediglich, dass diese als Schutzbedürftige aufgenommen werden, mit der Verpflichtung unter gegebenen Umständen wieder ins Fluchtland zurückzureisen.
Klare Zahlen, vernünftige und von einer Mehrheit der Bevölkerung getragene Kontingente sind allemal besser als Extremforderungen, die nur die Zeitungsspalten füllen.
Zudem ist zu erwähnen, dass die Schweiz schon in früheren Jahren erfolgreich mit Flüchtlingskontingenten gearbeitet hat. Zum Beispiel in 1956 für Ungarn und 1968 für die Tschechoslowakei.
Klare Kostentransparenz
Die totalen Asylkosten sind nicht bekannt. Wenn man die direkten Kosten (Unterbringung, Unterhalt, Sozialhilfe, Administration …) und die indirekten Kosten (Integrationsmassnahmen, Spezialunterricht, Betreuung …) zusammenzählt, reden wir von einigen Milliarden Franken pro Jahr, auf Bund und Kantone verteilt.
Auch wenn die, von der SVP in den Raum gestellten 6 Milliarden nachweislich falsch sind, da sie drei Milliarden für Entwicklungshilfe beinhalten, reden wir von Gesamtbeträgen, in der gleichen Grössenordnung der jährlichen Kosten für Armee, Landwirtschaft oder Krankenkassenverbilligungen.
Es geht nicht an, dass wir in anderen Bereichen richtigerweise jeden Franken umdrehen und jährlich neue Sparmassnahmen definieren, im Asylbereich im Blindflug und ohne Budgetobergrenze manövrieren. Kostentransparenz ist dringend nötig.
Transparenz entzieht Spekulationen, Behauptungen und Polemik den Boden.
Mit diesen beiden Massnahmen setzen wir klare, demokratisch legitimierte Leitplanken und Obergrenzen. Alle wissen dann, was auf uns zukommt.
Evaluation und Gewährung von “Hilfe vor Ort“
Flüchtlinge sind gemäss Definition an Leib und Leben bedroht. Also ist es erste Priorität, diese Bedrohung zu vermeiden und Leben zu schützen. Zudem sollen die Leute ein Dach über dem Kopf haben, angemessene Verpflegung und medizinische Betreuung erhalten.
Die effizienteste Methode ist, dies möglichst nahe vom Fluchtland zu machen. Schätzungen sagen, dass man in Afrika oder dem Nahen Osten verglichen mit der Schweiz, mit einem Franken mehr als zwanzig Mal mehr erreichen kann.
Hilfe vor Ort ermöglicht es also für einen definierten Betrag, möglichst vielen Leuten zu helfen. Das ist das ultimative Ziel.
Mir ist bewusst, dass es viele kritische Stimmen diesbezüglich gibt. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass es unmöglich ist, zum Beispiel mit der Türkei oder Libanon zu vereinbaren, dass die Schweiz die Kosten für 50’000 Flüchtlinge für die Infrastruktur, die medizinische Betretung und Essen übernimmt.
Am besten ist es jedoch, wenn solche Aktivitäten unter den Europäischen Ländern koordiniert sind. Darum die zwingende Forderung, eine Konferenz zu organisieren und die Aktivitäten zu koordinieren. Als Alternative zur Unterstützung von existierenden Zentren in der Türkei, Libanon und Jordanien, gäbe es die Möglichkeit, dass Europa mit Beteiligung der Schweiz, selbst solche Zentren betreibt.
Ich bin überzeugt, dass ein Versuch zur überregionalen Koordination, Festlegung von Höchstzahlen in der Schweiz mittels Kontingenten, wie sie in der Masseneinwanderungsinitiative ohnehin vorgesehen sind, Kostentransparenz und die rasche Prüfung von Hilfs – und Betreuungsmassnahmen vor Ort sehr viel zur Versachlichung der Asyldiskussion beitragen könnte.
Darum – an die Arbeit! Auf eine transparente und von der Bevölkerung mitgetragene Asylpolitik, die möglichst vielen Flüchtlingen hilft, aber klare Grenzen zieht und die eingesetzten Mittel optimiert.
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